„Ich will eine sozial gerechte Gesellschaft.“

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Vergangenen Freitag habe ich Lukas Hermann zum Mittagessen getroffen. Er schreibt Worte des Widerstands (mein Interview dort, das wir per Mail geführt hatten, habe ich neulich schon mal verlinkt), ist derzeit Student, dabei aber außerordentlich ambitioniert — nicht ambitioniert im Sinne von Karrieregeilheit, sondern intellektuell ambitioniert. Ausgehend von seiner Liebe für Literatur dringt er mit aller Macht ins politische Denken ein, hat sich dafür auf seinem Blog zu einem täglichen Posting-Rhythmus verpflichtet, inklusive Samstag und Sonntag, und im Gespräch stellt er sich als eloquenter Schnelldenker dar, der laufend Gedanken aus Gedanken spinnt.

Zufällig habe ich grade gesehen, dass er diese Woche auf seinem Blog ein neues Projekt startet. Inspiriert von und über „Die autoritäre Revolte“ von Volker Weiß hat er einen Blogartikel geschrieben, in dem er zum einen seinen Lesern das Buch wärmstens ans Herz legt. Zum anderen ist er inspiriert davon, dass Weiß vor allem auch auf die Bedeutung der Sprache und des Sprachgebrauchs bei der neuen Rechten hinweist. Und empfindet es selbst als notwendig, selbst auch eine deutlichere Wortwahl für sein Blog zu wählen. Und deshalb will er als Experiment eine Woche lang ans Ende eines jeden Blogposts ein politisches Statement setzen, das sich auf das Buch von Weiß bezieht und seine eigenen Haltungen klarmacht.

Und sein erstes derartiges Statement kommt sozusagen völlig unerwartet um die Ecke — am Ende eines fast schon poetischen Textes über den Tanz, den man manchmal mit seinem Gegenüber aufführt, wenn ein Gespräch zu einer wirklich anregenden Diskussion wird, steht dann — typografisch abgesetzt — folgendes Statement:

Ich fühle mich unwohl, wenn ich auf der Straße einen*r Bettler*in sehe. Ich laufe beinahe immer schnell vorbei, weil ich merke, dass er/sie mich in einer Situation stört, in der ich nicht über gesellschaftliche Ungerechtigkeit nachdenke. Ich brauche Phasen, in denen ich nicht über Gesellschaft und Politik nachdenken muss und Musik hörend durch die Stadt zu gehen gehört dazu. Trotzdem sind Armut und Obdachlosigkeit eine Schande für jeden, der sie zulässt. Ich betreibe damit Doppelmoral und ich will eine sozial gerechte Gesellschaft mit funktionierender Sozialhilfe, egal wie viel sie kostet, damit so etwas nicht mehr vorkommt. Jede Elite, die ihr eigenes Überleben vor solche Unart der Existenz stellt, rechts wie links, handelt unmoralisch und kann kein Vorbild sein.

Das ist in seiner Klarheit selten, daber ist genau diese Klarheit heute gefragt. Ich muss häufiger Worte des Widerstands lesen.

Solche Statements machen Mut — den Mut, genau so klar zu denken und genau so klar politisch zu fordern. Denn außerdem hat er recht. Wir leben im 21. Jahrhundert, es ist eine absolute Schande, dass wir es als Gesellschaft bislang nicht geschafft haben zu verhindern, dass Leute betteln gehen müssen — koste es, was es wolle. Ganz gleich, was uns das Gerede von der Leistungsgesellschaft weismachen soll.

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