Willkommen 2020. Auf Wiedersehen Kaffee & Kapital.

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Vor fast einem halben Jahr, am 24.07.2019, habe ich hier auf dem Blog meinen letzten Text veröffentlicht.

Es ist nicht so, dass ich seither keine Gedanken oder Eindrücke gehabt hätte, die ich ins Internet hätte hineinschreiben können. Aber meine Projekte hielten mich davon ab.

Meine zwei großen Projekte sind weiterhin die Klimashow vollehalle und der Dokumentarfilm über Wellbeing Economies. Sie sind Mitte 2017 bzw. Anfang 2018 entstanden als Ergebnis der Arbeit, die auch Grundlage dieses Blogs war: Mein Versuch herauszufinden, was so dermaßen falsch läuft in der Welt, dass Amerika einen Faschisten zum Präsidenten gewählt hat.

Und was wir tun können.

Beide Projekte entwickeln sich unvermindert weiter und nehmen unvermindert Zeit und Aufmerksamkeit in Anspruch. Mehr noch: Beide Projekte beginnen nun inhaltlich immer anspruchsvoller zu werden.

vollehalle
Die Show hat 2019 eine wirklich bemerkenswerte Entwicklung erlebt – nach der republica haben wir dreizehn weitere Auftritte absolviert, es ist eine kleine Deutschlandtournee daraus geworden. (Ganz so, wie wir es uns eigentlich schon 2017 gewünscht hatten. Damals waren wir offenbar zwei Jahre zu früh dran – und auch einfach noch nicht gut genug. Zumal wir ja damals noch zu zweit waren.) Und während dieser Tournee 2019 und dank vieler Gespräche untereinander und mit vielen klugen Menschen ist uns klar geworden, was 2020 an vollehalle anders werden muss, wenn wir weiter relevant und interessant bleiben wollen: Wir müssen uns von einzelnen Maßnahmen und Ideen dazu lösen, wie man hier oder da CO2 einsparen kann. Stattdessen müssen wir uns an die große Debatte herantrauen, um die es eigentlich geht. Denn die Klimakrise ist nicht das zentrale Problem unserer Zeit, sondern sie ist das Ergebnis des zentralen Problems unserer Zeit: Wir folgen heute einer Idee von Wirtschaft und gesellschaftlichem Zusammenleben, die weder für uns Menschen noch für die Natur funktioniert. Deshalb brauchen wir eine größere Debatte zur Zukunft unserer Gesellschaft.

Die neue vollehalle, die wir grade entwickeln, soll diesen Weg aufzeigen – von der Klimakrise zur Diskussion dazu, wie unsere Gesellschaft funktioniert. Unsere Kurzform: „vom Schnitzel zur Systemfrage“. Am 6.3. werden wir damit zum allerersten Mal live auftreten – gemeinsam mit Igor Levit im Futurium in Berlin. Und derzeit und bis dahin arbeiten wir jetzt mit aller Kraft daran, die Show zu schreiben, zu produzieren und zu proben.

Film über Wellbeing Economies
Die Entwicklung unseres Filmprojektes war 2019 nicht weniger bemerkenswert. Wir hatten eigentlich vorgehabt, unsere Dreharbeiten im März 2019 nach einem guten Jahr zu beenden und den Film bis zum Jahresende 2019 fertigzustellen. Zwei Sachen kamen dazwischen:

Lorenzos Geschichte nahm zur Jahresmitte eine unerwartete Wendung – er wurde in der neuen überraschend gebildeten PD/5-Sterne-Regierung vom Vize- zum Bildungsminister befördert. In dieser Rolle hat er in Italien viele Wellen erzeugt, hat viel Druck von ganz vielen Seiten bekommen, sich mit seiner Politik bei vielen Leuten unbeliebt gemacht (weil er unbequeme Lösungen vorschlägt und wirklich die Transformation der Gesellschaft will), aber er hat auch internationale Schlagzeilen bekommen für seinen Vorstoß, italienische Schulkinder ab dem kommenden Schuljahr in allen Klassen zu nachhaltigem Leben und zum Klima unterrichten zu lassen. Das alles kulminierte darin, dass er zur Klimakonferenz nach Madrid und sogar zur Audienz mit dem Papst eingeladen wurde. (Bei ersterer waren wir mit der Kamera dabei, bei letzterer nicht.) Und kurz vor dem Jahreswechsel ist er dann von seinem Posten als Minister zurückgetreten. Was für uns nicht überraschend kam, im Gegenteil. Aber die Hintergründe zu dem Rücktritt gehören jetzt nicht hierher, sie kommen in unseren Film. Entscheidend an alledem ist für unseren Film, dass wir sehr viel Glück hatten: Wir waren dabei, als ein Mann, der zum Zeitpunkt unseres Kennenlernens noch nicht einmal Abgeordneter im italienischen Parlament war, in knapp zwei Jahren vom Nobody zum international wahrgenommen Politiker wurde. Als er zurücktrat, wurde in allen großen deutschen Medien darüber berichtet. Wie oft interessieren sich deutsche Medien sonst schon für einen italienischen Bildungsminister?

Die zweite Sache, die dazwischen kam, war eine Partnerschaft zur Produktion und zum Vertrieb des Films. Wir haben zur Jahresmitte einen in der deutschen Fernsehlandschaft sehr etablierten Regisseur und Produzenten kennengelernt, der sich sehr schnell für unser Projekt erwärmt hat. Im November haben wir eine Vereinbarung unterschrieben, nach der wir gemeinsam mit seiner Firma den Film fertigstellen und vermarkten wollen. Details werden wir dann erzählen, wenn es welche zu erzählen gibt – für unseren Film ist wiederum wichtig, dass die zweite Jahreshälfte vom gegenseitigen Kennenlernen und Diskutieren des Filmprojektes geprägt war. Im Austausch mit unseren neuen Kollegen haben wir viel darüber nachgedacht, wie unser Film funktionieren kann, wie wir ihn strukturieren sollten, und worauf der Fokus liegen muss. Das war enorm hilfreich für unser Verständnis davon, was für einen Film wir machen. Aber es hat natürlich auch Zeit gebraucht.

Aufgrund dieser beiden Entwicklungen sind wir nicht zum Jahresende mit dem Film fertig geworden, sondern planen nun die Fertigstellung für die Jahresmitte 2020.

Und Kaffee & Kapital?
Und was hat das alles mit diesem Blog zu tun? Es bedeutet, dass meine politischen Gedanken nun immer stärker in die beiden Projekte fließen. Wenn ich über die Klimakrise und über unsere Gesellschaft nachdenke, wenn ich Gedanken zur Wachstumsobsession unserer Welt habe oder dazu, wie der Neoliberalismus tiefe Spuren in der Psyche unserer Gesellschaften hinterlassen hat, dann fließen diese Gedanken alle in vollehalle oder in unseren Film ein. Und für das Blog bleibt wenig übrig.

Hinzu kommt, dass ich natürlich auch damit beschäftigt bin, weitere Projekte zu entwickeln. Es gibt Ideen für weitere Dokumetarfilme und für andere mediale Produkte, auch Spin-Ofs von vollehalle diskutieren wir. Das bedeutet, dass ich auch künftig darauf baue, immer wieder spannende neue politische mediale Projekte zu entwickeln, die immer wieder viel konzeptionelles und politisches Nachdenken erfordern werden.

Und damit sehe ich nicht nur jetzt kurzfristig, sondern auch auf mittlere Frist wenig Wahrscheinlichkeit, dass ich mich diesem Blog noch weiter werde widmen können.

Deswegen schließe ich hiermit das Blog auf’s Erste. Ich bin dankbar dafür, was es mir alles ermöglicht hat. Es war eine großartige Möglichkeit für mich, öffentlich zu lernen und zu denken, und die beiden beschriebenen Projekte wären sicherlich ohne dieses Blog so nicht entstanden. Toll war’s.

Wer auch künftig bei meinen Projekten am Ball bleiben möchte, kann dies weiterhin gern an diesen Stellen tun:

Auf ein aufregendes, großartiges, inspirierendes Jahr!
Frohes neues Jahr, allerseits! Die 1920er haben vor 100 Jahren den Weg in die absolute Katastrophe gebahnt. Dass wir heute wieder auf dem Weg in eine globale Katastrophe sind, spricht sich mittlerweile herum. Lasst uns aus diesen 20ern die Dekade machen, in der wir die großen Kurskorrekturen, die unsere Welt braucht und die die künftigen Generationen von uns zu Recht erwarten, nachhaltig umsetzen. Und lasst es uns mit ganz viel Freude und Mut tun!

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